Zusammenfassung und Ergänzung zu den "potentiellen Wirkungen von Kunstwerken":

Was "Kunst" ist, kann man- leider oder eigentlich eher "Gott sei Dank"- nicht objektiv definieren. Wenn einige Menschen der Auffassung sind, dass ein Gegenstand oder eine Aktion "Kunst" sind, dann kann es wohl als Kunst heutzutage "durchgehen". Was auch kräftig ausgenutzt wird. Die Frage nach der Qualität von Kunst- gibt es so etwas wie "Qualität" in diesem Bereich überhaupt ?- ist ebenso aussichtslos objektiv zu beantworten, wie ein Qualitätsbegriff in diesem Bereich allgemein gültig, objektiv definierbar ist.

Die "Qualität" von "Kunst", sofern es sie gibt, scheint nur durch Vergleich von miteinander vergleichbaren Werken in einem gewissen historischen Mindestabstand wenigstens einigermaßen sicher feststellbar zu sein. Aber auch dort spielt sicherlich noch der jeweils vorhandene Zeitgeist eine mitbestimmende Rolle.

Sinnvoller als sich über den Begriff "Kunst" den Kopf zu zerbrechen, erscheint es uns, sich Gedanken darüber zu machen, welche "Wirkungen" vom Menschen hergestellte "Objekte" auf ihn selbst und den Betrachter ausüben können. Wobei wir unter "Objekt" einen Gegenstand (auch im erweiterten Sinn: eine Handlung ) verstehen, der keinem unmittelbar nützlichem Zweck dient. Die Auswirkungen auf den Schaffenden und den Betrachter oder Wahrnehmenden des Werkes können dabei aufgrund der möglichen Emphatie der Menschen sehr ähnlich sein.

Der Betrachter wird die Bedeutung der oben aufgeführten Wirkungen, Merkmale, Anforderungen an die Wahrnehmung natürlich nur ganz subjektiv beantworten können, wir haben hier eine Auswahlmenge an "Wirkungen" der Kunst zusammen gestellt- ohne Anspruch auf Vollständigkeit- aus denen der Beobachter seine persönliche "Wahl" treffen kann -wobei diese "Wahl" von sehr vielen Faktoren abhängig ist. Seine Wahl sagt deshalb etwas über ihn selbst, seine Persönlichkeit, seine Werte, seine Sensibilität, Rationalität, historische oder gesellschaftliche Interessen, seine Einstellung zu "Idealismus" oder "Materialismus" und weitere Persönlichkeitseigenschaften- wie seine Manipulierbarkeit- aus. Dadurch, dass er sich Rechenschaft über seine Motive gibt, kann er über sich selbst etwas erfahren. Sage mir, welche Wirkungen ein bestimmtes "Kunstwerk " auf dich ausübt, welche Wirkungen für dich wichtig sind, und ich sage dir, wer du bist.

Dass Menschen sich durch Kunst "zum Nachdenken" anregen lassen und nicht nur rein nach Geschmack sich ein Urteil bilden , ist so ungewöhnlich nicht:
"WELT AM SONNTAG: Herr Lowry , wozu ist Kunst gut ?

GLENN LOWRY: Kunst kann zum Nachdenken anregen. Sie kann Ihre Art zu leben ändern. Sie ist in keinem praktischen Sinne nützlich. Aber zugleich ist sie so notwendig wie alles andere, gerade weil sie Wege in eine andere Welt bietet."

(Zitat aus der WELT AM SONNTAG, 22. April 2012, Nr. 17, Seite 57; GLENN LOWRY ist seit 1995 Direktor des MoMA (Museum of Modern Arts))


Da es offenbar nicht möglich ist und letztlich auch nicht wünschenswert wäre, den Begriff "Kunst" zu definieren, folgt daraus, dass es auch nicht möglich bzw. wünschenswert ist, den Begriff Kunstmedaille oder Medaillenkunst präzise und widerspruchsfrei zu definieren.

Bei der Definition einer Medaille hat man dagegen durchaus eine realistische Chance, das Wesentliche zu erfassen. Als Beispiele hierfür geben wir an :

"Eine Medaille ist eine Gedenk- oder Schauprägung, die zu besonderen Gelegenheiten geprägt, als Ehrenauszeichnung vergeben oder als Schmuck- oder Kunstobjekt (dann auch Medaillon) geschaffen wird.". (Quelle: Wikipedia; Stichwort Medaille, März 2012)

"Die Medaille ist eine handwerkliche, vorzugsweise runde und zweiseitig gestaltete Sonderform der Reliefplastik, deren Bild- und Schriftelemente auf Personen und Ereignisse, Gefühle und Überzeugungen aphoristisch geordnet sind."(Boerner, Steguweit 1990).

"Die Wesensbestimmung der Medaille ist es, als ein intimes Denkmal im handlichen Format die Erinnerung wach zu halten, die Sinne anzuregen, zugleich zu belehren und nicht zuletzt Freude und Zuversicht zu wecken"
 
(Zitat aus Europäische Medaillenkunst von der Renaissance bis zur Gegenwart, herausgegeben von Wolfgang Steguweit,Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, ISBN 3-88609-379-4).

Ein anderer, weniger ambitionierter Ansatz als die Definition einer Kunstmedaille, der Medaillen- und der Reliefkunst erscheint uns durchaus für sinnvoll, nämlich das Suchen nach einer Antwort auf die Frage: Welche Qualitätskriterien sind für eine "Kunstmedaille", die "Medaillenkunst" und die "Reliefkunst" denkbar? In wie weit sind die Kriterien, die sich für die bildende Kunst allgemein herausgebildet haben, auch für die Kunstmedaille " als anspruchsvollem Kleinkunstwerk" ... in sinnvoller Weise anwendbar?

Wir haben die möglichen Wirkungen von Kunstwerken auf Betrachter dargestellt und hierbei Verknüpfungen zur Evolutionstheorie, Philosphie der Lebenskunst, Psychoanalyse kurz ausgebreitet. Aus der Vielfalt und Vielschichtigkeit dieser möglichen Wirkungen von Kunstwerken haben wir des dem Leser vielleicht verständlich gemacht, dass wir es vorziehen, interpretationsoffene Werke zu gestalten mit dem Angebot an den Betrachter, dass dieser einen Bezug zwischen dem Werk und seinem Leben, seiner Lebensgestaltung, selbst herstellen kann. Falls ihm das gelingt, kann er daraus ein Empfinden von Sinn gewinnen. Andererseits haben wir versucht, es dem Leser zu vermitteln, dass andere, in der Medaillenkunst oder bei Medaillen weitverbreitete Motive für unser eigenes Entwerfen und Gestalten keine große Bedeutung haben.

Die Wichtung dieser Kriterien und Wirkungen, welche relative Bedeutung diese Wirkungen als solche und im konkreten Einzelfall haben, ist sicherlich auch subjektiv bestimmt. Es besteht aber zumindest die Hoffnung, dass sich die Betrachter in einem Diskurs darüber austauschen und zu weiterführenden Erkenntnissen kommen können. Das Auftreten von Widersprüchen in einem solchen Diskurs ist dabei sicherlich ganz natürlich und kann sogar von Vorteil sein: " Der Widerspruch der Meinungen über eine Sache widerstreitet nicht der Klärung dieser Sache, sondern kann, wie wir seit Sokrates wissen, als Ausgangspunkt ebender Klärung dienen, deren wir bedürfen "[1].

Damit sind wir natürlich unmittelbar bei der Fragestellung eines Betrachters, welche Qualitätskriterien er bei der Rezeption eines Kunstwerkes- hier speziell einere Medaille und eines Reliefs - für wie bedeutsam hält.

Unsere hier vorliegende Darstellung hat nicht zuletzt den Zweck, für uns selbst und für den Betrachter unsere Ziele beim Entwurf unserer Werke klarer werden zu lassen. Sicherlich werden wir unser Ziel nicht endgültig erreichen, aber hoffentlich doch in die Richtung gehen, in der dieses Ziel liegt. Als unser wesentlichstes Ziel - auf das kürzeste zusammengefasst - haben wir im Sinn, dass wir einerseits beim Entwurf unserer Werke zu Einsichten über die Welt und über uns selbst angeregt werden und andererseits dem Betrachter unserer Werke die gleiche Möglichkeit gegeben wird. Somit kann das endgültige Werk, das im Bewusstsein des Betrachters wahrgenommen wird, als gemeinschaftliches "Produkt" angesehen werden, das folglich aufgrund des individuellen Interpretierens im bereits oben beschriebenen Sinne- bei nicht zu engem oder zu weitem Rahmen- ganz unterschiedliche Wirkungen auf den Betrachter haben kann. Wobei als Idealvorstellung diese Wirkung auf den Betrachter als "sinnvoll" erfahren wird. Das hoffen wir zumindest.

Dazu stellten wir Überlegungen zu Beurteilungs - und Qualitätskriterien aus dem Bereich der bildenden Kunst vor, die wir mit einer Auswahl von einschlägigen Literaturzitaten unterstützten.

[1] Heinrich Meier, (Herausgeber): Über das Glück, Piper Verlag, 2008, ISBN 978-3-492-25304-8

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