Das zitierte Werk wird in der Folge nicht um seiner selbst willen, sondern als Erörterungsgrundlage, Argumentationsunterstützung und sachbezogene Ergänzung aufgeführt, somit besteht eine innere Verbindung zwischen dem zitierten und dem zitierenden Werk. Der Schwergewicht dieser Webseite liegt auf der eigenen geistigen Auseinandersetzung mit dem hier behandelten Thema- das Zitat ist also hier als unterstützendes, sachbezogenes Hilfsmittel für die eigene Argumentation anzusehen.

 

Terry Eagleton: Der Sinn des Lebens, List- Verlag, 2007, ISBN 978-3-548-60943-0

Seite 34

"Vielleicht denken alle Menschen über den Sinn des Lebens nach, doch manche aus guten geschichtlichen Gründen eben intensiver als andere. Sollten Sie sich gezwungen sehen, intensiv über den Sinn des Dasein schlechthin nachzudenken, kann man jede Wette eingehen, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens ist etwas anderes, denn man könnte behaupten, dass Selbstreflexion normaler Bestandteil eines erfüllten Lebens sei. Wer sich noch nie gefragt hat, wie es um das eigene Leben bestellt ist und ob es nicht verbesserungsfähig wäre, dem scheint es erheblich an Selbsterkenntnis zu mangeln. Im Leben eines solchen Menschen dürfte es mehrere Bereiche geben, in denen es nicht besonders gut läuft. Allein die Tatsache´, dass er sich nicht fragt, wie es um sein Leben steht, lässt vermuten, dass nicht alles ist, wie es sein sollte. Wenn sich in Ihrem Leben alles bestens entwickelt, dürfte das auch daran liegen, dass Sie von Zeit zu Zeit grübeln, ob Sie ein wenig daran herumbasteln oder etwas verändern sollten.

In jedem Fall wird das Bewusstsein, dass Sie Ihr Leben gut meistern, Ihr Wohlbefinden stärken, und es wäre unsinnig, auf diese weitere Steigerung Ihrer allgemeinen Zufriedenheit zu verzichten. Mit anderen Worten, es stimmt nicht, dass man nur dann glücklich ist, wenn man es nicht weiß. Dieser naiv romantischen Vorstellung zufolge ist Selbstreflexion auf fatale Weise hinderlich. Man könnte es die Drahtseilakt- Theorie des Lebens nennen. Wer nachdenkt, stürzt ab. Doch wir müssen wissen, wie die Dinge stehen, wenn wir uns fragen, ob wir sie verändern oder so lassen wollen, wie sie sind. Wissen ist ein Weg zum Glück, nicht sein Gegenspieler.

Wenn wir aber nach dem Sinn des menschlichen Daseins schlechthin fragen, ist zu vermuten, dass wir als Gemeinschaft den Weg verloren haben, wie immer wir als Einzelne dastehen mögen."

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